“Futurismus in der Ukraine Aufbruch, Umbruch, Abbruch”

Claudia Dathe

Beitrag in Osteuropa 12/2023

Nach dem Ersten Weltkrieg blühte der ukrainische Futurismus auf. Autoren wie Mychail’ Semenko, Mykola Chvyljovyj und Majk Johansen brachen mit Traditionen, stießen den Nationaldichter Ševčenko vom Podest, experimentierten mit Sprache, Formen und Genres. In der Künstlervereinigung VAPLITE rangen sie um die Ausrichtung der ukrainischen Literatur. Den einen ging es um die ästhetische Erneuerung, anderen um die Herausbildung einer proletarischen Kunst. Besondere Bedeutung gewann die Sprachenfrage. Das Ukrainische sollte die Sprache der Emanzipation und des Internationalismus werden. Ab Ende der 1920er Jahre griff das kommunistische Regime immer stärker in das kulturelle Leben ein, 1932 wurden alle unabhängigen literarischen Vereinigungen aufgelöst. Chvyljovyj entzog sich den Repressionen durch Selbstmord, Semenko und Johansen wurden 1937 verhaftet und mit Hunderten Angehörigen der ukrainischen Intelligenz erschossen. Die ukrainische Avantgarde geriet in Vergessenheit.

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