(Mittel-)Europakonstruktionen in der polnischen Gegenwartsliteratur. Phantome und Revisionen einer Mental Map

Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Ricarda Fait-Bartholomäus

zur Person
Bild: Józef Chełmoński: „Babie Lato“, adaptation by Wiesław Smętek, DIALOG Nr. 97 (2011)

Das Promotionsprojekt untersucht polnische Gegenwartsliteratur, die zwischen den historischen Einschnitten, der sogenannten „Osterweiterung“ der EU 2004 und der Großinvasion Russlands in der Ukraine 2022, publiziert wurde und an einer ästhetischen, diskursiven und dabei überwiegend postkolonialen Konstruktion von Mitteleuropa (Europa Środkowa) als ‚Mental Map‘ partizipiert. Damit sollen nach den bereits breit rezipierten Essays von Andrzej Stasiuk und Jurij Andruchovyč neue und aktuelle Konstruktionen von Mitteleuropa Betrachtung finden. Ziel des Projekts ist es, sowohl die Fort- wie auch Umschreibungen geopoetischer Imaginationen Mitteleuropas in der ausgewählten polnischen Literatur nachvollziehbar zu machen. Dabei werden Bezüge zu kulturellen oder historischen räumlichen Phantomen wie „Kresy“ oder Galizien ebenso aufgezeigt wie auch Verschiebungen erinnerungskultureller Bezugspunkte, die als kritische Revisionen verstanden werden. Insbesondere das jüdische Erbe Mitteleuropas sowie die Abwesenheit des jüdischen Lebens in Mitteleuropa als Folge der Schoah geraten in den Blick aktueller Mitteleuropa-Konstruktionen. Den theoretischen Rahmen des Projekts bilden Konzepte und Dynamiken des Mental Mapping, postkolonialer Kritik und Erinnerungsforschung. Untersucht werden Prosa- und Lyrikwerke von Olga Tokarczuk, Tomasz Różycki und Ziemowit Szczerek. Die ausgewählte Literatur wird über die Analyse geopoetischer Verfahren erfolgen und stützt sich dabei sowohl auf Ergebnisse aus ‚close reading‘ sowie aus kontextbezogener Analyse, insbesondere auf intertextuelle Referenzen.