Time Out of Joint – Belarusischer Literaturabend auf der EUTIM-Jahrestagung 2022

Photo: Fabian Erlenmaier

Am 16. September 2022 fand im Rahmen der EUTIM-Jahrestagung 2022 ein belarusischer Literaturabend mit den Autor:innen Alhierd Bacharevič, Julia Cimafiejeva, Artur Klinaŭ und dem Übersetzer Thomas Weiler statt.

Den Gesprächsbeiträgen der Autor:innen folgte eine angeregte Diskussion, die von Bohdan Tokarskyi (EUTIM, Universität Potsdam) in ukrainischer und englischer Sprache moderiert wurde. Dabei erwies sich neben der Wahl des Veranstaltungsorts, dem Einstein Forum Potsdam, auch die Einbettung der Abendveranstaltung in die literaturwissenschaftlich ausgerichtete EUTIM-Jahreskonferenz „Time Out of Joint: Literary (Re)Visions of Time in Eastern and Central Europe“ als geglückt, denn sie ermöglichte eine mehrsprachige und differenzierte Diskussion in vertrauter Atmosphäre. Auch Heiterkeiten hatten ihren Raum, etwa in Gestalt sogenannter Klinaŭscher Werbären (abgeleitet von Werwolf). Insgesamt erwies sich die Veranstaltung als erfreuliches Format literarischer Vermittlung und Debatte, das weiterverfolgt werden sollte.

Da das Podium mit sehr unterschiedlichen Autor:innen besetzt war, konnte das Publikum auch inhaltlichen poetologischen Diskussionen zwischen den geladenen Schriftsteller:innen beiwohnen. Alhierd Bacharevič etwa, Plansprachenerfinder, Roman-Schriftsteller, Essayist und Dichter, Autor des in Belarus verbotenen Monumentalwerkes Сабакі Эўропы (Hunde Europas), bezog sich angeregt auf den Zeitlichkeitsbezug der Konferenz „Time Out of Joint“, welcher neben Eros und Thanatos auch in seinem literarischen Schaffen einen wichtigen Fluchtpunkt darstelle.

Die Poetin und Übersetzerin Julia Cimafiejeva (auf Deutsch erschien zuletzt ihr Gedichtband Zirkus), Mitbegründerin des Internet-Literaturmagazins PrajdziSvet beschäftige hingegen die Frage danach ‚Wie zu leben sei?‘, mit Bezug zu Motiven wie Schmerz und Raum. Erwähnenswert erscheint hierbei, dass die Eheleute Bacharevič und Cimafiejeva sich aktuell im österreichischen Exil ganz konkret und alltäglich mit der Frage des ÜberLebens auseinandersetzen. Und Artur Klinaŭ, Künstler, Architekt, Herausgeber der Zeitschrift pARTisan und Autor des Schelmenromans Schalom, aber auch des Aufklärungswerkes Minsk. Sonnenstadt der Träume – verwarf das Triadische zugunsten eines dualistischen Systems, dass aus Hinwendung zum Selbst des Autors und zur ihn umgebenden Umwelt bestünde.

Der belarusische Literatur-Abend im Einstein Forum veranschaulichte die gegenwärtige Relevanz belarusischer Perspektiven auf einen (inter)literarischen Diskurs, der heute zum festen Inventar der Literaturen der Welt gehört. Hervorzuheben ist auch die freundschaftliche Atmosphäre des vielstimmigen und multilingualen Abends. Augilejmu, amiloje komutika!

Amanda Beser