Endlichkeit als modernes Zeitregime in der russischen und europäischen Literatur

Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Erik Martin

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Ausgangspunkt des Projekts ist die These, dass die Entstehung eines spezifischen Bewusstseins für Endlichkeit seit der Romantik – etwa für die zeitlichen Grenzen von Epochen oder auch ma-teriellen Begrenzungen von Ressourcen – eine genuin moderne Erfahrung darstellt, die auch für unsere Gegenwart konstitutiv ist. Absehbar wird das Problem der Endlichkeit in verschiedenen diskursiven Feldern, in denen sich jener Prozess jeweils spezifisch durchzusetzen beginnt, der bislang oft unter dem Terminus „Verzeitlichung“ (Koselleck) behandelt wurde. Die Rede ist etwa vom „Ende der Naturgeschichte“ (Lepenies), der Historisierung der Geologie und Geschichts-schreibung, der Reflexion der Endlichkeit in Literatur und Philosophie.

Die „Ungleichzeitigkeit“ der Endlichkeit besteht darin, dass dieses Zeitregime in ständiger dia-lektischer Spannung zu anderen Zeit- und Raumfiguren steht, die eine Unendlichkeit indizieren und für sich eher in Anspruch nehmen, für die Moderne einzustehen: Postulierung des homoge-nen Raumes bei Newton, den Glauben an die fortschreitende Perfektibilität des Menschen in der Aufklärung oder der frei flottierenden Signifikanten der Postmoderne. Ziel des Projekts ist es, in der russischen und europäischen Literatur Figuren und Repräsentati-onsformen der Endlichkeit zu analysieren und sie in ihrer Spannung mit anderen Zeitregimen aufzuzeigen.